Veröffentlicht am Februar 15, 2024

Die sicherste Sensortechnologie ist nicht die teuerste, sondern die, die perfekt zu Ihrem täglichen Fahrprofil passt.

  • Radar ist bei hohen Geschwindigkeiten und schlechtem Wetter überlegen; Kamerasysteme sind stark in der Objekterkennung im Stadtverkehr.
  • Die Kombination beider Technologien in einer „Sensor-Fusion“ bietet durch Redundanz das höchste Sicherheitsniveau.

Empfehlung: Analysieren Sie vor dem Kauf Ihre häufigsten Strecken (Autobahn, Stadt, Land) und wählen Sie das darauf abgestimmte Sicherheitspaket, anstatt pauschal die teuerste Option zu nehmen.

Die Liste der optionalen Sicherheitspakete beim Autokauf ist lang und technisch komplex. Radar, Kamera, LiDAR, Sensor-Fusion – für viele deutsche Autokäufer, die Wert auf maximale Sicherheit legen, wird die Entscheidung zur Qual. Man hört oft, dass mehr Sensoren automatisch besser sind oder dass eine bestimmte Technologie der anderen grundsätzlich überlegen sei. Diese pauschalen Aussagen führen jedoch oft zu teuren Fehlentscheidungen, da sie den wichtigsten Faktor ignorieren: Sie als Fahrer.

Die konventionelle Debatte „Radar versus Kamera“ greift zu kurz. Moderne Fahrerassistenzsysteme (Advanced Driver-Assistance Systems, ADAS) sind hochspezialisierte Werkzeuge. Ein Hammer ist nicht per se besser als ein Schraubenzieher; es kommt darauf an, was Sie tun möchten. Genauso verhält es sich mit der Sensorik in Ihrem zukünftigen Fahrzeug. Die entscheidende Frage ist nicht, welche Technologie *per se* die beste ist, sondern welche Technologie-Kombination die höchste Sicherheit für Ihr persönliches Fahrprofil bietet.

Dieser Leitfaden übersetzt die technischen Datenblätter in praxisnahe Entscheidungshilfen. Wir analysieren nicht nur die Funktionsweise der einzelnen Sensoren, sondern stellen die entscheidende Verbindung zu Ihren täglichen Fahrgewohnheiten her. Sie werden lernen, warum ein Autobahnpendler andere Prioritäten setzen sollte als ein Stadtfahrer und wie das Konzept der „Sensor-Fusion“ ein Sicherheitsnetz schafft, das weit über die Fähigkeiten eines Einzelsensors hinausgeht. So treffen Sie eine fundierte Kaufentscheidung, die auf echten Sicherheitskriterien basiert, nicht auf Marketing-Mythen.

Um Ihnen eine klare Orientierung zu geben, haben wir diesen Artikel strukturiert, um Sie von den technologischen Grundlagen bis zur konkreten, auf Ihr Fahrprofil zugeschnittenen Empfehlung zu führen. Der folgende Inhalt gibt Ihnen einen Überblick über die Kernthemen, die wir behandeln werden.

Warum funktioniert Radar bei Nebel besser als Kamera-Systeme?

Die überlegene Leistungsfähigkeit von Radarsensoren bei schlechten Sichtverhältnissen wie Nebel, starkem Regen oder Schneefall ist rein physikalisch bedingt. Während eine Kamera wie das menschliche Auge auf sichtbares Licht angewiesen ist, arbeiten Radarsysteme mit Radiowellen. Diese Wellen durchdringen Wassertröpfchen in der Luft nahezu ungehindert, während Lichtstrahlen von ihnen gestreut und reflektiert werden, was die Sicht einer Kamera drastisch einschränkt.

Ein Radarsensor sendet Radiowellen aus, die von Objekten (z.B. anderen Fahrzeugen) reflektiert werden. Aus der Laufzeit der zurückkehrenden Wellen berechnet das System die Entfernung zum Objekt, während die Frequenzverschiebung (Doppler-Effekt) dessen Geschwindigkeit präzise bestimmt. Dieser Prozess funktioniert bei Tag und Nacht und ist von den Wetterbedingungen fast unabhängig. Eine VDI-Analyse bestätigt, dass Radar wetterunabhängig ist und bis zu 250 Meter maximale Reichweite erzielt. Kameras hingegen sind bei Nebel quasi blind und ihre Leistung bei Dunkelheit ist stark eingeschränkt.

Die folgende Tabelle fasst die Leistungsfähigkeit der gängigsten Sensortechnologien unter verschiedenen Bedingungen zusammen und zeigt deutlich die Robustheit des Radars.

Sensoren-Leistung bei verschiedenen Wetterbedingungen
Sensortechnologie Nebel/Regen Dunkelheit Reichweite
Radar Sehr gut Sehr gut Bis 250m
Kamera Schlecht Eingeschränkt 100-240m
LiDAR Eingeschränkt Gut Bis 200m

Diese technische Überlegenheit macht Radar zu einem unverzichtbaren Bestandteil für sicherheitskritische Funktionen wie den Notbremsassistenten und die adaptive Geschwindigkeitsregelung (ACC), insbesondere bei höheren Geschwindigkeiten auf Autobahnen, wo eine weite und zuverlässige Vorausschau entscheidend ist.

Welche Sensortechnologie brauchen Sie für Ihr Fahrprofil?

Die Antwort auf die Frage nach der „sichersten“ Technologie liegt in der Technologie-Kohärenz: Die gewählte Sensorik muss zu Ihrem individuellen Fahralltag passen. Ein teures High-End-System, das für Autobahnfahrten optimiert ist, bringt einem reinen Stadtfahrer nur begrenzten Mehrwert. Die Analyse Ihres Fahrprofils ist daher der wichtigste Schritt bei der Kaufentscheidung.

Verschiedene Fahrertypen und passende Sensortechnologien

Man kann grob drei typische Fahrerprofile in Deutschland unterscheiden, für die jeweils unterschiedliche Sensorkombinationen ideal sind:

  • Der Autobahn-Pendler: Sie fahren täglich lange Strecken auf der Autobahn mit hohen Geschwindigkeiten. Hier ist ein Long-Range-Radar (77 GHz) unerlässlich. Er ist die Basis für einen zuverlässigen Abstandsregeltempomat (ACC) und einen Notbremsassistenten, der auch bei 130 km/h noch vorausfahrende, abbremsende Fahrzeuge sicher erkennt.
  • Der Stadt-Fahrer: Ihr Alltag besteht aus Kurzstrecken im dichten Stadtverkehr mit vielen Radfahrern und Fußgängern. Hier spielt die Kamera ihre Stärken aus. Sie ist überlegen in der Klassifizierung von Objekten (Mensch, Fahrrad, Auto) und der Erkennung von Verkehrszeichen und Fahrspurmarkierungen. Ein reines Radarsystem wäre hier oft überfordert. Ideal ist eine Kamera, ergänzt durch Nahbereichsradare für den Totwinkelassistenten.
  • Der Landstraßen-Nutzer: Sie sind oft auf kurvigen Landstraßen unterwegs, wo die Sicht oft eingeschränkt ist und die Gefahr von Wildwechsel besteht. Hier ist eine Kombination aus einer Stereo-Kamera für eine gute Tiefenwahrnehmung und einem Mid-Range-Radar die beste Wahl. Diese Kombination kann den Kurvenverlauf besser antizipieren und auch größere Objekte wie Wildtiere zuverlässig erkennen.

Die entscheidende Erkenntnis ist: Fragen Sie Ihren Händler nicht „Was ist das beste System?“, sondern „Welches System ist für mein Fahrprofil als [Autobahn-Pendler/Stadt-Fahrer/Landstraßen-Nutzer] am besten geeignet?“.

Einzelsensor oder Sensor-Fusion: Was ist sicherer?

Während einzelne Sensoren jeweils spezifische Stärken haben, liegt der Schlüssel zu maximaler Fahrsicherheit in der intelligenten Kombination verschiedener Technologien, der sogenannten Sensor-Fusion. Dieses Konzept nutzt die Stärken eines Sensortyps, um die Schwächen eines anderen auszugleichen. Das Ergebnis ist ein System, das robuster, zuverlässiger und „intelligenter“ ist als die Summe seiner Teile. Führende Technologie-Analysten bestätigen diesen Trend.

Zwar gibt es jeweils viele Befürworter von singulären Radar-, Lidar- und Kamerasensoren, doch es besteht ein wachsender Konsens darüber, dass sich letztendlich eine Kombination oder Fusion verschiedener Sensortechnologien durchsetzen wird. Die Datenzusammenführung erhöht nicht nur die Intelligenz der Systeme, sondern sorgt durch redundante Datenerfassung auch für mehr Sicherheit.

– VIA Technologies, Industrie-Analyse Fahrerassistenzsysteme

Das wichtigste Prinzip der Sensor-Fusion ist die Redundanz als Sicherheitsnetz. Stellen Sie sich eine typische Situation vor: Sie fahren auf der Autobahn und nähern sich einem Stauende. Ihr Radar erkennt das Hindernis einwandfrei. Gleichzeitig erkennt Ihre Kamera die roten Bremslichter und die Fahrspurmarkierungen. Das Steuergerät fusioniert diese beiden unabhängigen Informationen zu einem hochvalidierten Gesamtbild. Fällt nun ein Sensor aus – zum Beispiel weil die Kamera durch tiefstehende Sonne geblendet wird – kann der andere Sensor die Funktion immer noch aufrechterhalten. Dies schafft eine Ausfallsicherheit, die ein Einzelsensorsystem niemals bieten kann.

Praxisbeispiel: Mercedes-Benz S-Klasse Drive Pilot

Ein Paradebeispiel für Sensor-Fusion ist der „Drive Pilot“ in der Mercedes-Benz S-Klasse, der in Deutschland für teilautomatisiertes Fahren (Level 3) zugelassen ist. Das System kombiniert Radar, Kameras, LiDAR, Ultraschallsensoren, einen Regensensor, eine hochpräzise GPS-Antenne, eine Heckkamera und sogar Mikrofone zur Erkennung von Einsatzfahrzeugen. Nur durch die Fusion all dieser Datenquellen kann das System die komplexe Fahraufgabe bei bis zu 60 km/h auf der Autobahn sicher übernehmen.

Für Sie als Autokäufer bedeutet das: Ein Sicherheitspaket, das explizit mit „Sensor-Fusion“ beworben wird und mindestens eine Kamera mit einem Radarsensor kombiniert, bietet ein objektiv höheres Sicherheitsniveau als ein Paket, das nur auf einer einzigen Technologie basiert.

Der Technik-Mythos, dass mehr Megapixel mehr Sicherheit bedeuten

Im Marketing für Kameras, sei es für Smartphones oder Fahrzeuge, wird oft die Auflösung in Megapixeln als primäres Qualitätsmerkmal hervorgehoben. Beim Autokauf verleitet dies zu dem Trugschluss, dass eine Kamera mit mehr Megapixeln automatisch mehr Sicherheit bietet. Das ist ein gefährlicher Mythos. In der Praxis ist die Software zur Bildverarbeitung weitaus entscheidender als die reine Pixelanzahl des Sensors.

Eine hohe Auflösung erzeugt riesige Datenmengen, die in Millisekunden verarbeitet werden müssen. Ein leistungsschwacher Prozessor oder ein ineffizienter Algorithmus können mit diesen Daten nichts anfangen – das System wäre zu langsam, um rechtzeitig zu reagieren. Viel wichtiger ist die „Intelligenz“ der Software, die in der Lage ist, aus den Bilddaten relevante Informationen zu extrahieren. Moderne, KI-basierte Algorithmen können beispielsweise auch aus den Bildern einer einzigen Kamera eine erstaunlich genaue 3D-Raumwahrnehmung ableiten.

Das bedeutet, dass selbst hochentwickelte Monokameras, wenn sie mit exzellenter KI-Software gekoppelt sind, in der Lage sind, komplexe 3D-Bilder der Umgebung zu erzeugen. Diese Fähigkeit, Objekte nicht nur zu sehen, sondern auch ihre Entfernung und Bewegungsrichtung einzuschätzen, ist für die Sicherheit weitaus wichtiger als ein gestochen scharfes, aber „dummes“ Bild. Die Fähigkeit zur Objekterkennung, -klassifizierung und -verfolgung ist eine reine Softwareleistung.

Lassen Sie sich also bei der Konfiguration Ihres Fahrzeugs nicht von hohen Megapixel-Zahlen blenden. Ein System eines etablierten Herstellers mit einer vermeintlich geringeren Auflösung, aber jahrelang optimierter und in Millionen von Kilometern erprobter Software, ist in der Regel weitaus sicherer als ein neues System mit einem hochauflösenden Sensor, aber unausgereifter Software. Die Reife und Zuverlässigkeit des Algorithmus ist das wahre Qualitätsmerkmal.

Welche Sensortechnologie ist zukunftssicher für die nächsten 10 Jahre?

Beim Kauf eines Neufahrzeugs, einer Investition für viele Jahre, stellt sich zwangsläufig die Frage nach der Zukunftssicherheit der gewählten Technologie. Die gute Nachricht ist, dass die Weichen für die nahe und mittlere Zukunft bereits gestellt sind. Die Kombination aus Radar und Kamera bildet das Fundament, auf dem fast alle aktuellen und kommenden Sicherheitsvorschriften aufbauen.

Eine entscheidende Entwicklung ist die EU-Gesetzgebung. Ab Juli 2024 schreibt die EU für alle Neuzulassungen in Deutschland eine Reihe von Fahrerassistenzsystemen verpflichtend vor. Dazu gehören unter anderem ein Notbremsassistent, ein aktiver Spurhalteassistent und ein intelligenter Geschwindigkeitsassistent. Die technische Basis für die zuverlässige Funktion dieser Systeme ist fast immer eine Fusion aus Frontkamera und Frontradar. Wer sich heute für ein Fahrzeug mit dieser Kombination entscheidet, ist also technologisch auf der sicheren Seite und erfüllt bereits zukünftige Standards.

Zukunftsvision der Fahrzeugsensorik Entwicklung

Der nächste große Schritt in der Evolution der Fahrsicherheit ist die Vernetzung der Fahrzeuge untereinander und mit der Infrastruktur (V2X-Kommunikation). Zukünftige Autos werden nicht mehr nur „sehen“, was ihre eigenen Sensoren erfassen, sondern auch Informationen von anderen Fahrzeugen erhalten. Ein Auto kann dann beispielsweise eine Warnung vor einer Eisplatte hinter einer Kurve erhalten, lange bevor die eigenen Sensoren die Gefahr überhaupt erkennen können. Auch diese Technologie baut auf der vorhandenen Sensorik auf, erweitert aber deren Horizont exponentiell.

Für Käufer bedeutet das: Die Investition in ein solides Sensor-Fusion-System aus Radar und Kamera ist die zukunftssicherste Entscheidung. Technologien wie LiDAR werden zwar im Bereich des hoch- und vollautomatisierten Fahrens (Level 4/5) eine entscheidende Rolle spielen, für die Assistenzsysteme der nächsten Jahre (Level 2/3) bleibt jedoch die Radar-Kamera-Kombination der etablierte Goldstandard.

Wie lernen Sie neue Assistenzsysteme Ihres Fahrzeugs sicher kennen?

Die fortschrittlichste Technologie ist nutzlos oder sogar gefährlich, wenn der Fahrer ihre Funktionsweise und vor allem ihre Grenzen nicht versteht. Ein aktives und sicheres Kennenlernen der neuen Assistenzsysteme nach dem Fahrzeugkauf ist daher unerlässlich, um Vertrauen aufzubauen und das Sicherheitspotenzial voll auszuschöpfen. Es geht darum, vom passiven Nutzer zum informierten „System-Manager“ zu werden.

Der erste und wichtigste Schritt ist, die passive Haltung abzulegen. Warten Sie nicht darauf, dass ein System Sie in einer kritischen Situation überrascht. Nehmen Sie sich bewusst Zeit, die Funktionen in einer sicheren Umgebung zu testen. Viele Automobilclubs wie der ADAC oder der TCS empfehlen, die Reaktionen der Systeme auf abgesperrten Testgeländen oder leeren Parkplätzen zu erproben. Wie reagiert der Notbremsassistent auf einen großen Pappkarton? Wie sanft oder abrupt greift der Spurhalteassistent ein? Diese praktische Erfahrung ist durch kein Handbuch zu ersetzen.

Einige Fahrer neigen dazu, als störend empfundene Systeme abzuschalten. Das ist zwar verständlich, aber oft wird dadurch wertvolles Sicherheitspotenzial verschenkt. Ein besseres Verständnis der Systemparameter kann hier helfen. Informieren Sie sich, welche Bedingungen für eine einwandfreie Funktion erfüllt sein müssen (z.B. saubere Windschutzscheibe vor der Kamera, klare Fahrbahnmarkierungen). Dieser strukturierte Ansatz hilft Ihnen, die Kontrolle zu behalten und die Systeme als das zu nutzen, was sie sind: wertvolle Helfer.

Ihr Plan zum sicheren Kennenlernen neuer Assistenzsysteme

  1. Informationsphase beim Kauf: Bitten Sie den Verkäufer aktiv um eine detaillierte Erklärung und Demonstration der Assistenzsysteme im potenziellen Neufahrzeug. Fragen Sie gezielt nach den Systemgrenzen.
  2. Lesen des Handbuchs: Nehmen Sie sich eine Stunde Zeit und lesen Sie ausschließlich die Kapitel zu den ADAS. Fokussieren Sie auf die Abschnitte „Funktionsweise“, „Systemgrenzen“ und „Warnmeldungen“.
  3. Test in sicherer Umgebung: Suchen Sie sich einen leeren Parkplatz oder ein Fahrsicherheitszentrum. Testen Sie gezielt die Reaktion einzelner Systeme bei niedriger Geschwindigkeit.
  4. Bewusstes Beobachten im Verkehr: Aktivieren Sie ein System nach dem anderen im Alltagsverkehr und beobachten Sie genau, wann und wie es eingreift. Behalten Sie immer die Hände am Lenkrad und seien Sie bereit, einzugreifen.
  5. Verstehen der Deaktivierung: Machen Sie sich damit vertraut, wie Sie jedes System schnell und einfach übersteuern oder (wenn nötig) temporär deaktivieren können. Kontrolle ist der Schlüssel zu Vertrauen.

Durch diesen proaktiven Prozess bauen Sie ein echtes Verständnis für die Fähigkeiten und Grenzen Ihrer Fahrzeugtechnologie auf. Dies ist die Grundlage für eine sichere und souveräne Nutzung im Alltag.

Was bedeutet „10.000 mm Wassersäule“ wirklich für Ihre Outdoor-Aktivität?

Was hat eine technische Angabe für Outdoor-Jacken mit der Sicherheit Ihres Autos zu tun? Auf den ersten Blick nichts, auf den zweiten Blick alles. Der Begriff „Wassersäule“ ist eine perfekte Metapher, um das Prinzip der Wetterfestigkeit zu verstehen – eine entscheidende Eigenschaft für die Zuverlässigkeit von Fahrzeugsensoren.

In der Textilindustrie gibt die Wassersäule an, wie viel Wasserdruck ein Material aushält, bevor es durchlässig wird. Eine Jacke mit 10.000 mm Wassersäule hält dem Druck einer 10 Meter hohen Wassersäule stand und gilt als sehr wasserdicht. Eine Jacke mit nur 1.500 mm ist lediglich wasserabweisend und bei starkem Regen schnell durchnässt.

Übertragen wir dieses Prinzip auf die Sensorik: Eine Fahrzeugkamera verhält sich wie eine Jacke mit niedriger Wassersäule. Bei leichtem Nieselregen funktioniert sie noch, doch bei einem Wolkenbruch ist sie „durchnässt“ – die Linse ist bedeckt, die Sicht ist gleich null. Das System fällt aus. Ein Radarsensor hingegen ist wie eine High-End-Gore-Tex-Jacke mit extrem hoher Wassersäule. Seine Radiowellen durchdringen den Regen fast ungestört. Er bleibt auch unter den widrigsten Bedingungen „trocken“ und damit voll funktionsfähig.

Diese Analogie verdeutlicht, warum es bei der Wahl der Sensortechnologie nicht nur um die Leistung bei Sonnenschein geht. Für die Sicherheit in kritischen Situationen – und schlechtes Wetter ist immer kritisch – kommt es auf die garantierte Funktion unter Extrembedingungen an. Ein System, das nur bei gutem Wetter funktioniert, bietet ein trügerisches Sicherheitsgefühl. Genau wie eine modische Jacke, die im ersten Schauer versagt, lässt es Sie im entscheidenden Moment im Stich.

Das Wichtigste in Kürze

  • Das persönliche Fahrprofil (Autobahn, Stadt, Landstraße) ist das entscheidendste Kriterium für die Wahl der richtigen Sensortechnologie.
  • Sensor-Fusion, die Kombination von Radar und Kamera, ist der aktuelle Goldstandard für maximale Sicherheit und Redundanz.
  • Die Qualität der Software und Algorithmen ist für die Leistungsfähigkeit eines Assistenzsystems wichtiger als reine Hardware-Kennzahlen wie Megapixel.

Wie nutzen Autofahrer ADAS-Systeme sicher und korrekt?

Trotz der rasanten technologischen Entwicklung ist ein entscheidender Punkt unverändert geblieben: die Verantwortung liegt weiterhin vollumfänglich beim Fahrer. Es ist ein weit verbreiteter Irrtum zu glauben, moderne Fahrzeuge würden bereits „autonom“ fahren. Die Realität sieht anders aus. Die meisten heute verfügbaren Systeme sind auf einer klar definierten Stufe angesiedelt, die volle Aufmerksamkeit erfordert.

Gängige Assistenzsysteme erreichen auf dem Weg zum autonomen Fahren lediglich die Stufe zwei von den insgesamt fünf Stufen, die der Verband der deutschen Automobilindustrie (VDA) definiert hat. Auf diesem technischen Niveau gilt von Rechts wegen, dass der Fahrer jederzeit wachsam sein und die volle Kontrolle über das Fahrzeug behalten muss.

– Euro NCAP/ADAC, Assistenzsysteme-Test 2024

Das bedeutet konkret: Sie nutzen die Systeme dann sicher und korrekt, wenn Sie sie als das verstehen, was ihr Name sagt – als Assistenten, nicht als Piloten. Ein Spurhalteassistent hilft Ihnen, in der Spur zu bleiben, aber er ersetzt nicht Ihren Blick und Ihre Hände am Lenkrad. Ein Notbremsassistent kann einen Aufprall verhindern oder dessen Schwere mindern, aber es gibt keine Garantie dafür. Er ist ein letztes Sicherheitsnetz, keine Ausrede für Unaufmerksamkeit.

Die korrekte Nutzung bedeutet, eine aktive und überwachende Rolle einzunehmen. Vertrauen Sie den Systemen, aber verifizieren Sie ihre Aktionen. Seien Sie sich ihrer Grenzen bewusst, die Sie durch die zuvor beschriebenen Lernschritte kennengelernt haben. Ein souveräner Umgang mit ADAS bedeutet, ihre Unterstützung dankbar anzunehmen, aber stets bereit zu sein, sie zu übersteuern. Die finale Entscheidung und die ultimative Kontrolle müssen immer bei Ihnen als Mensch bleiben.

Jetzt, da Sie die technologischen Unterschiede, die Bedeutung Ihres Fahrprofils und die korrekte Herangehensweise an die Nutzung von ADAS verstehen, sind Sie in der Lage, eine wirklich fundierte Kaufentscheidung zu treffen. Sie können die Optionslisten der Hersteller nicht nur lesen, sondern auch interpretieren und das Paket auswählen, das Ihnen persönlich den größten Sicherheitsgewinn bringt.

Nutzen Sie dieses Wissen bei Ihrem nächsten Gespräch mit einem Autohändler, um gezielte Fragen zu stellen und das Sicherheitspaket zu wählen, das nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf Ihrer täglichen Fahrtstrecke die beste Leistung erbringt.

Häufig gestellte Fragen zu Fahrerassistenzsystemen

Gibt es einen Rechtsanspruch darauf, dass der Notbremsassistent einen Unfall vermeidet?

Nein, es gibt keine Garantie und keinen Rechtsanspruch darauf, dass der Notbremsassistent einen Unfall vermeidet. Er ist ein unterstützendes System, das die Unfallschwere mindern oder in manchen Fällen einen Unfall verhindern kann, aber die Verantwortung bleibt beim Fahrer.

Kann ich als Fahrer die Systeme übersteuern?

Ja, Fahrerassistenzsysteme sind grundsätzlich immer übersteuerbar. Ein beherzter Lenkeingriff, ein Tritt auf die Bremse oder das Gaspedal überstimmt in der Regel die Aktion des Assistenten. Machen Sie sich mit diesen Übersteuerungsmechanismen vertraut.

Was muss ich für eine einwandfreie Funktion beachten?

Damit Assistenzsysteme, insbesondere solche, die auf Kameras basieren (wie intelligente Geschwindigkeitsassistenten oder Spurhalteassistenten), einwandfrei funktionieren, muss die Windschutzscheibe sauber sein. Achten Sie besonders auf den Bereich vor dem Kameramodul oben in der Mitte der Scheibe.

Geschrieben von Michael Fischer, Michael Fischer ist Diplom-Ingenieur für Fahrzeugtechnik und Experte für Elektromobilität und Fahrerassistenzsysteme mit 21 Jahren Erfahrung in der deutschen Automobilindustrie. Er berät Fuhrparkmanager, Autokäufer und Automotive-Zulieferer zu Mobilitätstransformation und neuen Antriebstechnologien.